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Krypto-Markt gefährdet durch die Pleite eines chinesischen Immobilienriesen

Von Mister Coinlover-September 16, 2021

Stellt die 300 Milliarden Dollar Schuldenkrise von Evergrande ein Risiko für den Krypto-Markt dar? Das ist eine Frage, die aktuell vielen durch den Kopf geistert. Wir bemühen uns in diesem Artikel aufzuklären, was die Hintergründe sind.

Key-Takeaways
  • Chinesischer Immobilienriese Evergrande hat Schulden i.H.v. dem BIP von Ländern wie Hongkong oder Portugal.
  • Das Unternehmen gilt bereits als zahlungsunfähig.
  • Der Plan Vermögenswerte zu liquidieren, gefährdet den regionalen Immobilienmarkt.
  • Die Stablecoin-Emittenten Tether und Cicle sind eventuell durch ihre Commercial Paper ebenfalls betroffen.

Chinesischer Immobilienriese Evergrande kommt ins Wanken

Viele haben bestimmt bereits davon gehört und falls nicht, wird dir der Name Evergrande am Ende diesen Artikels mit Sicherheit in Erinnerung bleiben.

Evergrande ist nicht weniger als das zweitgrößte Immobilienunternehmen in China. Das Problem ist, dass es bei dem Konzern aktuell kriselt, und zwar gewaltig! Entsprechend ist der Kurs der Evergrande Aktien ins Straucheln geraten und selbst größere Stakeholder wie Chan Hoi Wan, die Frau des Milliardärs Joseph Lau, sind dabei Anteile am Unternehmen zu verkaufen.

Die Vermögenswerte und das Eigenkapital von Evergrande stiegen in den letzten zehn Jahren sprunghaft an. In Hinblick auf den Nettogewinn hatte das Unternehmen allerdings stets zu kämpfen.

Das ist durchaus nichts ungewöhnliches für ein wachstumsorientiertes Unternehmen. Doch wenn dieser Wachstum übermäßig fremdfinanziert ist und immer klarer wird, dass das Unternehmen nicht in der Lage ist, diese Kredite zurückzahlen, dann hört der Spaß auf. Und zurückzuzahlen gibt es viel. Das Unternehmen hat Schulden in Höhe von 300 Milliarden US-Dollar.

Analysten fragen sich nun, ob ein eventueller Zusammenbruch des Unternehmens Risiken für die Krypto-Industrie darstellen könnte.

Was ein chinesischer Immobilienkonzern überhaupt mit Kryptowährungen zu tun hat?

Analyst Adam Cochran hat in einem Twitter-Thread gute Arbeit geleistet, um den Fall herunterzubrechen. Daher wollen wir in diesem Artikel das heiß diskutierte Thema aufschnappen und erklären, warum die ganze Lage verzwickter ist, als man glaubt.

Ein Schuldenberg in Höhe von 300.000.000.000$

Es wird vermutet, dass Evergrande die Immobilien, die nur sehr geringe Einnahmen einbrachten, übermäßig fremdfinanziert haben, um ihr Imperium zu vergrößern. Das funktionierte scheinbar auch sehr gut. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als die Pandemie die wenigen Gewerbe- und Tourismusimmobilien in Mitleidenschaft zog, die ihnen tatsächlich Einnahmen bescherten.

Wie auch immer die Zusammenhänge im Detail aussehen mögen, sie führten in jedem Fall dazu, dass Evergrande nun mit mehr als 300 Mrd. US-Dollar bei diversen Gläubigern in der Kreide steht.

Milliarden-Beträge lesen sich zwar mittlerweile so, als wären diese Summen das normalste der Welt, doch dem ist nicht so. 300 Milliarden US-Dollar entsprechen dem gesamten Bruttoinlandprodukt (BIP) von Ländern wie Irland, Dänemark, Hongkong oder Portugal. Hier geht es also um eine Menge Geld.

Derzeit kursieren die Gerüchte, dass Evergrande möglicherweise nicht einmal mehr genug Kapital hat, um die Zinszahlungen für seine Kredite zu leisten. Von der Rückzahlung der Kapitalanteile der Eigentümer kann erst gar nicht die Rede sein.

Warum es für den Konzern keinen einfachen Ausweg gibt

Um der drohenden Pleite entgegen zu wirken, plant der Konzern nun Immobilien zu veräußern. Das klingt auf den ersten Blick einleuchtend, denn davon besitzt Evergrande eine Menge.

Diejenigen unter uns, die im Lending-Bereich vom Krypto-Markt aktiv tätig sind, wissen allerdings, wie Liquidationen funktionieren. Für alle anderen gibt es jetzt einen kleinen Exkurs, um gleichzeitig etwas über Liquidationen und DeFi zu lernen. Exkurs überspringen.

— Exkurs —

Auf Kreditplattformen wie Aave kannst du gegen deine Kryptowährungen einen Kredit aufnehmen. Deine Kryptowährungen dienen dabei als Sicherheit. Im Englischen spricht man von Collateral. Dabei ist es üblich, dass Kreditnehmer eine sogenannte Collateral Rate einhalten müssen, welche die Kreditgeber bestmöglich vor einem Ausfallrisiko schützen soll.

Gehen wir in unserem vereinfachten Beispiel also davon aus, dass du Ethereum (ETH) im Wert von 1.000€ als Sicherheit (Collateral) hinterlegen möchtest, um dafür einen Kredit in USDC aufzunehmen. Dein Plan ist es, damit kurzfristig eine andere Kryptowährung wie beispielsweise Cardano (ADA) zu kaufen.

Beträgt die Collateral Rate 200%, bedeutet dies, dass du für deine 1.000€ an ETH bis zu 500€ in USDC aufnehmen kannst.

Steigerung der Kapitaleffizienz durch eine Kreditaufnahme bei einer Plattform wie Aave

Das Problem ist, sobald der Wert deiner Sicherheit nicht mehr mindestens 200% des aufgenommenen Kredits entspricht und du damit unter die vorgegebene Collateral Rate sinkst, werden die hinterlegten Sicherheiten liquidiert, um den Kreditgeber auszuzahlen.

Fällt ETH also im Wert, dann sinkt deine Collateral Rate unter 200%, dein ETH als Sicherheit wird auf dem Markt verkauft und schafft für den bereits sinkenden Ethereum Kurs weiteren Verkaufsdruck.

Wenn wir das Ganze nun weiterdenken und uns vorstellen, dass nicht nur du ETH auf diese Art und Weise als Sicherheit für einen Kredit hinterlegt hast, sondern noch tausend weitere, wird klar, dass bei unvorhergesehenen Kursbewegungen oftmals Vermögenswerte in Millionenhöhe liquidiert und auf dem Markt eine Kaskade an Verkäufen auslöst.

— Exkurs Ende —

Evergrande hinterlegt natürlich keine Kryptowährungen als Sicherheit für ihre Kredite. Bei ihnen erledigen Immobilien diesen Job.

Der Konzern ist natürlich daran interessiert, die Immobilien zu veräußern, die ihnen keine Einnahmen generieren. Das Problem ist nur, dass diese Immobilien, die ebenfalls als Sicherheiten (Collateral) dienen, im Wert gesunken sind. Verkaufen sie nun diese im großen Stil, um ihre Schulden zu tilgen, treiben sie ihre Preise damit nur weiter runter. Der Durchschnittswert aller Immobilien sinkt dabei mit jedem Verkauf im Wert.

Evergrande besitzt derzeit 2% aller chinesischen Immobilien. Dieser Marktanteil ist so groß, dass sie sich also bei einer Liquidation ihrer Immobilien schnell in einem Wettlauf gegen sich selbst und einen fallenden Immobilienpreis auf dem regionalen Markt befinden werden.

Was hat das Ganze nun mit Kryptowährungen zu tun?

Am 15. September 2008 brach Lehman Brothers zusammen und löste 600 Milliarden US-Dollar an US-Vermögenswerten auf. Das führte zum schlimmsten Marktzusammenbruch seit der Großen Depression.

Im Moment hat Evergrande 200 Milliarden US-Dollar an Vermögenswerten und 300 Milliarden US-Dollar an unbedienten Schulden. Das entspricht zusammen einem Betrag von 500 Milliarden US-Dollar und kommt bereits nah an die Summe heran, die damals zu einer der größten Finanzkrisen geführt hat.

Ein großer Unterschied ist allerdings, dass Lehman Brothers eine US-Bank war, die breit über viele Branchen diversifiziert war. Evergrande ist das nicht.

Evergrande ist in einem einzigen Wirtschaftszweig tätig und das sind Immobilien. Entsprechend verteilt sich der potentielle Schaden nicht auf verschiedene Märkte, sondern würde den chinesischen Immobilienmarkt mit voller Wucht treffen.

Wenn das wacklige Konstrukt rundum Evergrande nun droht auseinander zu fallen, wird das nicht nur zu Zahlungsausfällen bei Anleihen führen. Für chinesische Auftragnehmer und Warenlieferanten wird ein Schaden in Milliardenhöhe entstehen und es würde die größte Immobilienliquidation aller Zeiten bedeuten.

Das soll aber nicht heißen, dass der Schaden nicht über diesen Markt hinausgehen würde. Die größten Gläubiger von Evergrande sind natürlich Banken aus China, den USA, Kanada, dem Vereinigten Königreich, Australien und anderen Ländern.

Dieses Dilemma droht sich nun in einem Kontext des Marktes an, wo dieser einen künstlich, durch Inflation und quantitative Lockerung angeheizten Aufschwung erlebt hat wie noch nie zuvor.

Ein Immobilienkollaps würde bedeuten, dass auch die Bilanzen von Unternehmen aus der gesamten Immobilien-Branche, Banken und Hypothekengesellschaften in China zusammenbrechen würden.

Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass China 15% aller weltweiten Schulden besitzt. Wenn das Land also in eine interne Krise gerät, werden sie wahrscheinlich anfangen, einen Teil dieser Auslandsschulden aggressiv zurück zu fordern.

Das aktuelle Pulverfass

Die bis zu diesen Punkt geschilderten Risiken sind alles andere als abwegig. Angesichts der internen Politik Chinas scheint es jedoch für viele recht wahrscheinlich zu sein, dass hier mit Regierungshilfe ein Weg aus der Krise gefunden wird. Denn wenn sie es nicht tun würden, gäbe es wahrscheinlich eine riesige Implosion.


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Große Teile der Welt sitzen aktuell auf einem Pulverfass aus schwacher wirtschaftlicher Leistung, während die Aktienkurse so hoch sind wie nie zuvor und ein Spiegelbild enormer Inflation und entkoppelter Märkte sind. Es scheint fast so, als könnte ein einziges Streichholz alles entzünden.

Die Frage nach einer großen Korrektur ist für viele Beobachter daher nicht, ob sie stattfindet, sondern wann und wie stark sie ausfallen wird. Diese Korrektur könnte schon bald erfolgen, sie könnte auch erst in Jahren eintreten, aber sie wird kommen.

Ereignisse wie aktuell bei Evergrande könnten zu Schockwellen führen, die auf den Märkten der ganzen Welt zu spüren sein werden, auch auf dem Krypto-Markt.

Sind Tether und Circle durch den Commercial Paper Markt gefährdet?

Hinzu kommt die Tatsache, dass der Evergrande als riesiger Commercial-Paper-Emittent enorme Auswirkungen auf die Märkte für Commercial Paper haben kann.

Derzeit halten sowohl Tether (USDT) als auch Circle (USDC) Commercial Paper. Es dürfte  eher unwahrscheinlich sein, dass beide große Mengen an Evergrande-Anleihen halten. Zumindest ist nichts darüber bekannt. Wenn der Commercial Paper Markt als solcher allerdings ins Wanken gerät, würde es unter Umständen auch diese beiden Stablecoin-Emittenten tangieren. Insbesondere Tether erhält enorme Mengen ihres Vermögens in Commercial Papers.


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Viel hängt also davon ab, was die chinesische Regierung tun wird und ob der chinesische Immobilienmarkt tatsächlich genug Nachfrage hat, um dem Verkaufsdruck durch die Liquidationen Stand zu halten.

Anonymen lokalen Quellen zufolge, die von Bloomberg zitiert wurden, hat das chinesische Ministerium für Wohnungsbau und ländliche Entwicklung die Banken darüber informiert, dass Evergrande in der kommenden Woche seinen Rückzahlungen nicht nachkommen wird.

Die Quellen behaupten, dass Evergrande immer noch prüft, ob es Verlängerungen erhalten oder einige seiner Kredite umschulden kann. Sie fügten zudem hinzu, dass die Behörden in der südchinesischen Provinz Guangdong, wo der Konzern ansässig ist, einen Antrag des Unternehmensgründers auf eine Rettungsaktion abgelehnt haben.

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