ETH, Ethereum

Ethereum, News

Ethereum News: Das nahende Shanghai Update entfesselt einen Streit zwischen den Kernentwicklern

Von Mister Coinlover-Januar 20, 2023

Einige der Entwickler des Netzwerks haben sich besorgt über das kommende Shanghai-Upgrade geäußert. Die Angst ist groß, dass Ethereum aktuell überhastet in unabsehbare Probleme stolpert.

Wo genau das Problem dabei liegt, schauen wir uns in dieser Ethereum News genauer an.

Ether (ETH) im Wert von 25 Milliarden US-Dollar werden aus ihrem Smart Contract Käfig befreit

Nach dem Erfolg des Ethereum Merge im September sind alle Augen wieder auf das Netzwerk der weltweit größten Altcoin gerichtet. Dieses bereitet sich nämlich darauf vor, sein nächstes großes Update auszurollen.

Das Update trägt den Namen Shanghai und verspricht zu liefern, worauf Ethereum-Nutzer 2 Jahre lang sehnlichst gewartet haben: Eine Möglichkeit, ihre ETH im Wert von 25 Milliarden US-Dollar abzuziehen, die sich seit Längerem im Smart Contract befinden.

Es gibt allerdings ein Problem. Die Kernentwickler von Ethereum, also die kleine Gruppe von Programmierern, die für Änderungen am Netzwerk verantwortlich sind, streiten sich darüber, wie und wann das Upgrade implementiert werden soll.

Ethereum wurde erst vor wenigen Monaten durch den Merge auf ein Proof-of-Stake-Konsensmodell umgestellt. Es war ein Ereignis, welches das Ethereum-Mainnet mit der Beacon Chain verschmolz. Eine vorläufige Proof-of-Stake-Version von Ethereum, die im Dezember 2020 eingeführt wurde.

Proof-of-Stake-Netzwerke ermöglichen es Nutzern, Geld einzuzahlen, um Validatoren zu werden. Dadurch helfen sie, Transaktionen auf der Blockchain zu authentifizieren. Im Gegenzug erhalten sie Belohnungen in Form von neu generierten Token, äquivalent zu den Minern bei einem Proof of Work Konzept.

Seit Dezember 2020 können die Nutzer ihre ETH staken und Belohnungen verdienen. Es war ihnen allerdings nicht möglich, diese gestakten ETH wieder abzuziehen, was auch die Beliebtheit relativ neuer Liquid-Staking-Projekte wie Lido erklärt. Doch jetzt, mit Shanghai am Horizont, werden die Nutzer schon bald in der Lage sein, auf diese Belohnungen und ihre ursprünglichen ETH-Einlagen zuzugreifen.

Wo ist aber das Problem?

Nach allem, was man hört, scheint Shanghai bis März startklar zu sein. Doch in letzter Zeit hat eine lautstarke Minderheit der Ethereum-Kernentwickler Bedenken geäußert. Sie fürchten, dass die Entwickler-Gemeinschaft das Upgrade aus Angst vor öffentlichen Repressalien zu schnell eingeführt. Ein Schritt, der sich zukünftig negativ auf das Netzwerk auswirken könnte. Micah Zoltu, einer dieser Kernentwickler kritisierte bei der gestrigen Telefonkonferenz:

Es kommt mir so vor, als würden wir nicht an die langfristige Gesundheit von Ethereum denken. Wir denken: ‘Wie können wir das tun, was die Öffentlichkeit heute will?’

Damit bezieht sich Herr Zoltu auf die kürzlich getroffene Entscheidung, auf eine technische Anpassung an Shanghai zu verzichten. Er und rund 30 Kernentwickler des Netzwerks befürchten, dass die Entwickler-Gemeinschaft dadurch das Netzwerk unnötigen Risiken aussetzt, dessen Folgen für die kommenden Jahre bis Jahrzehnte nicht abzusehen sind.

Kurios dabei ist, dass diese Anpassung laut Schätzungen dieser Entwickler nur zwei bis vier Wochen zusätzlich in Anspruch genommen hätte. Denkt man daran, wie lange wir schon auf das ein oder andere Update haben warten müssen, ist das eigentlich eine mehr als hinnehmbare Verzögerung. Der Rest der Ethereum-Kernentwickler war aber scheinbar anderer Meinung. Sie waren nicht bereit, die Öffentlichkeit weiter warten zu lassen.

Bei solchen Aktionen sprechen Entwickler oftmals von “Technische Schulden”. Dieser Begriff bezeichnet zukünftige Arbeit oder Kopfschmerzen, die entstehen können, wenn Softwareentwickler der Geschwindigkeit der Veröffentlichung eines Produkts Vorrang vor perfektem Code geben.

Das kommende Ethereum-Update sei nicht weitsichtig genug

In diesem Fall beschlossen die Ethereum-Entwickler, ETH-Abhebungen nicht mit Simple Serialize (SSZ) kompatibel zu machen. Hierbei handelt es sich um eine flexible, moderne Kodierungsmethode, die von den Entwicklern als “die Zukunft der Ethereum-Kodierung” bezeichnet wird. Statt SSZ verwendet Ethereum die rekursive Längenpräfix-Serialisierung (RLP). Also eine bereits seit längerem bestehende Kodierungsmethode, die möglicherweise ausläuft und in den Ruhestand versetzt wird. Der Unterschied ist zwar hochgradig technisch und scheinbar semantisch, doch befürchten einige, dass dies den Ethereum-Entwicklern in Zukunft unendliche Kopfschmerzen bereiten könnte.

Ein großer Teil der Ethereum-Kernentwickler hat zwar bereits seine Bereitschaft signalisiert, ETH-Abhebungen im Rahmen des Upgrades nach Shanghai, das “Cancun” genannt wird, auf die neue Kodierungsmethode umzustellen. Dies würde jedoch immer noch bedeuten, dass alle Abhebungen, die zwischen Shanghai und Cancun initiiert wurden, mit der alten Methode kodiert worden wären. Und dank des unveränderlichen Ethereum-Ledgers könnte diese Aktivität, selbst wenn sie innerhalb weniger Monate stattfand, für immer auf der Blockchain von Ethereum Bestand haben.

Für die Entwickler von Ethereum könnte dies bedeuten, dass sie all diese Kodierungen von der alten Methode in die neue übersetzen müssen. Zweifelsohne ein mühsames Unterfangen. Darüber hinaus könnte die Diskrepanz, die dadurch entsteht, weiterreichende Auswirkungen haben. Matt Nelson, ein weiterer Kernentwickler von Ethereum, befürchtet diesbezüglich mit möglichen Problemen bei Abhebungen, Designproblemen oder anderweitigen Schwachstellen.

Der Streit zwischen den Kernentwicklern droht zu eskalieren

Tomasz Stańczak, ebenfalls ein Kernentwickler, widersprach diesen Bedenken allerdings. Er behauptet, es sei noch nicht einmal sicher, ob Ethereum vollständig auf die neue Kodierungsmethode SSZ umsteigen werde. Er erklärte:

Eine Verzögerung im Interesse eines langfristig besseren Netzwerks wäre sehr überzeugend. Aber diese spezielle Änderung wird Teil eines größeren Prozesses sein. Ein Prozess des Nachdenkens, der Gestaltung. Ich würde es vorziehen, dass wir das Ganze ganzheitlich betrachten und uns die nötige Zeit geben, um uns auf Cancun vorzubereiten.

Micah Zoltu hingegen geht sogar so weit, dass Argumente über die Ungewissheit der Zukunft von SSZ am Donnerstag möglicherweise in böser Absicht vorgebracht wurden. Für ihn ist es eine Tatsache, dass Ethereum seine Ausführungsschicht schließlich auf SSZ umstellen wird. Er schimpfte:

Code einzuführen, von dem wir wissen, dass er in naher Zukunft ersetzt werden wird, bedeutet, dass wir technische Schulden hinzufügen, die vermieden werden könnten.

Das wahre Problem liegt in der jüngsten Geschichte von Ethereum begraben

Warum also sind die meisten Entwickler von Ethereum so zögerlich, ein paar zusätzliche Wochen zu investieren? Vor allem, wenn dadurch eine unermessliche Menge an zukünftigem Ärger vermieden werden kann?

Für Nelson hat die Antwort viel mit der jüngsten Geschichte rundum den Merge zu tun. Ethereums Übergang zu Proof of Stake wurde erstmals vor über 5 Jahren diskutiert. In den darauffolgenden Jahren musste sich die Führung des Netzwerks regelmäßig vor verärgerten Investoren und Community-Mitgliedern für den langen Zeitplan des Upgrades rechtfertigen. Nachdem sich die Pläne für den Merge im Jahr 2021 konkretisierten, verschob sich der Starttermin des Upgrades aus technischen Gründen immer wieder, bis es im September 2022 schließlich zu der Veröffentlichung kam. Daher schlussfolgerte Nelson:

Ich denke, dass der aktuelle Zeitplan für Shanghai definitiv von der kritischen Betrachtung des Merge angetrieben wurde, das unzählige Male aus den richtigen Gründen verschoben und dadurch verzögert wurde.

Die Ethereum-Entwickler, so Nelson, zögern, erneut den Zorn der Massen auf sich zu ziehen. Das ist für ihn zum Teil verständlich. Schließlich wirkt sich Shanghai auf Gelder im Wert von zig Milliarden US-Dollar aus. Gelder, die weggesperrt sind und denen baldiger Freigang versprochen war.

Die Spannungen offenbaren damit die komplexe Dynamik zwischen den Kernentwicklern und der Rest der Community von Ethereum. Die Kernentwickler haben in erster Linie die Aufgabe einen möglichst fehlerfreien Code zu entwickeln. Immerhin weist ETH eine Marktkapitalisierung von 189 Milliarden US-Dollar auf und das ist eine Menge an Verantwortung. Allerdings können sie sich als Menschen dem öffentlichen Druck und Kritik nicht vollständig entziehen. Etwas, was hoffentlich nicht zu schwerwiegenden Fehlentscheidungen führt.


Lasse dir auch in Zukunft unsere Analysen & Prognosen und Krypto News direkt auf dein Smartphone schicken. Tritt jetzt unserem Channel auf Telegram bei oder folge uns auf Twitter.

Das könnte dir auch gefallen